"Tut mir Leid, dir das zu sagen, aber ja tust du," antwortete Tadashi auf den Kommentar von Liz, in dem sie sich selbst als verrückt beschrieb. Das, was sie ihm da erzählt hatte, kannte er nicht, dabei hatte er wohl definitiv schon häufig genug eine Hand auf dem Bauch gespürt. "Vielleicht solltest du mal zum Arzt gehen oder so?" Tadashi war ja nicht unbedingt qualifiziert genug, um irgendwelche Symptome erkennen zu können oder überhaupt etwas zu finden, das von dem Normalen abweicht. "Vielleicht findet das ja auch alles nur in deinem Kopf statt oder so. Ich hab mal gehört, dass Menschen Dinge sehen oder empfinden, die gar nicht da sind und das nur, weil in ihrem Gehirn ein paar Neuronen falsch verkabelt sind." Allerdings war das Problem bei Liz ja jetzt auch nicht allzu schwerwiegend.
Tadashi sah das Mädchen an und fragte sich, was er überhaupt noch hier machte. Immerhin hatte er ihr Frage jetzt beantwortet, auch wenn sie weiterhin ratlos war. Früher hätte er ihr nicht einmal geholfen, sondern wäre nach Hause gegangen, um noch eine Runde zu schlafen. "Also ich geh dann," verabschiedete sich der Weißhaarige kurz und verschwand übereilt. In schnellem Schritt ging er aus der Turnhalle, verließ das Schulgelände und ging rüber zum Park, wo er sich auf eine Bank setzte. Als er sich hinsetzte, hatte er das gleiche Stechen in der Brust, wie bereits Samstag. Ob es daran lag, dass er etwas zu schnell gegangen war? Immerhin war er auch etwas außer Atem. Oder hatte er sich einfach irgendeine Allergie eingefangen, die ihm Atemprobleme beschaffte und dafür sorgte, dass hin und wieder ein Atemzug für dieses Stechen sorgte? Er hatte doch noch nie Probleme mit soetwas gehabt. Der letzte Allergietest war allerdings auch schon einige Jahre her. Asthma, eine Herzkrankheit oder Ähnliches hatte er jedenfalls nicht, da war er sich sicher. Dennoch nahm sich Tadashi vor, sollte es noch öfter vorkommen, demnächst zum Arzt zu gehen und das überprüfen zu lassen. Denn normal war das sicherlich nicht.

"Ehh...", sagte sie, als Tadashi so schnell verschwand, ließ den Kopf dann aber hängen, als er weg war und lächelte weiterhin verzweifelt, während ihr langsam die Tränen aus den Augen heraus quollen, "Du hast es schon wieder geschafft, jetzt sitzt du wieder alleine da, nur wegen so einer blöden Bitte. Hoffentlich kann er darüber hinwegsehen..."
Ein wenig saß Liz noch dort auf dem Springbock, sich mit einem Taschentuch die Tränen wegwischen, um nicht zu schlimm auszusehen und stand dann auf, aus der Turnhalle schlendernd und dann aus dem Schulgebäude gehend. Ein wenig schniefen musste sie aber doch noch, weil es ihr einfach im Herz wehtat, das sie mit der Aktion Tadashi möglicherweise vergrault hatte. Aus dem Schlendern wurde ein Gehen, dann ein Laufen und im Anschluss ein Rennen. Sie rannte über den Bürgersteig, als sie Tadashi im Park nahe der Schule sah. Doch stehen bleiben tat sie nur kurz. Ein kurzes, verzweifeltes Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie dann auch weiter rannte, die Tränen auf den Boden plätschernd, während sie nachhause rannte.
//Der Tag ist schrecklich, einfach nur schrecklich! Lass mich sterben, lass mich doch einfach nur sterben!//, schrie sie innerlich in sich hinein und rannte einfach nur weiter, //Warum hat es mich den Heute nicht erwischt? Alles was mir passiert ist schrecklich und jetzt hab ich auch noch dafür gesorgt, das Tadashi nichts mehr mit mir zutun haben will! Was bringt es mir den überhaupt noch, weiter zu leben! Alex wurde wahrscheinlich so oder so heute morgen erwischt, was mach ich mir den überhaupt noch irgendwelche Hoffnung!//
Sie rannte einfach weiter, als sie merkte, wie sie über eine Bordsteinkante stolperte und im nächsten Moment auch schon auf den Bürgersteig knallte.

Als Tadashi wieder halbwegs atmen konnte, zündete er sich fürs erste eine Zigarette an. Das hätte er schon vor einer halben Stunde machen sollen. Bereits nach ein paar Zügen war er schon viel entspannter. Okay. Es war eine Sucht und somit auch nicht sonderlich positiv zu bewerten, aber er beließ es ja auch bei wenigen Zigaretten in der Woche. Sonst würde es ihm auch zu teuer werden. Schließlich war da noch die andere Sucht, am Wochenende auszugehen. Dafür brauchte er ja auch noch ein wenig Geld. Während Tadashi sich gerade Gedanken um Geld machte, war Liz hinter ihm völlig verzweifelt stehen geblieben und dann weinend weitergelaufen. Natürlich hatte der Weißhaarige es bemerkt. Doch anstatt ihr nachzulaufen und zu fragen, was los war, wie ein Freund wohl tat, blieb er einfach sitzen. Er hatte im Moment nicht die Geduld, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Er hatte gerade keinen Nerv dafür, sich um anderer Leute Probleme zu kümmern. Klar war das egoistisch. Aber manchmal musste man ja wohl auch mal egoistisch sein immerhin war man selbst die Hauptfigur im eigenen Leben. Dennoch stand er von der Parkbank auf. Allerdings nicht, um Liz hinterherzulaufen, sondern um nach Hause zu gehen. Der Tag hatte ihn irgendwie verwirrt. Naja, der Tag war ja gerade mal ein paar Stunden alt. Aber erst der Tod seines Lehrers, dann dieses seltsame Problem von Liz und letztlich seine Atemnot, von der er immer noch nicht wusste, woher sie kam.
Daheim angekommen, legte der Weißhaarige sich noch einmal ins Bett. Er war irgendwie müde, außerdem war es noch nicht einmal Mittag. Er würde einfach so lange schlafen, bis seine Schwester heimkam.

Nach nur kurzem Liegen hatte sich Liz wieder aufgerappelt, Schmerzen in den Armen und den Beinen und rannte dann weiter, bis sie endlich zu Hause ankam. Angekommen, schloss sie die Tür ab und rannte direkt in ihr Zimmer, sich aufs Bett setzend und die Beine an den Körper ziehend, den Kopf an die Beine drückend und schluchzend, während die Tränen an ihren Beinen entlang liefen.
"Wieso... Wieso... Wieso?!", fragte sie sich und drückte die Beine ein wenig fester an sich, "Wieso kann ich nicht einfach normal sein? Wieso kann ich nicht sein wie jeder Andere? Warum geht alles zu Bruch, an dem ich mich erfreuen kann?! Was habe ich getan, das ich so etwas verdiene?!"
Sie saß einfach nur da, vollkommen außer Acht lassend, wie die Zeit an ihr vorbeizog, als sie hörte wie die Haustür aufgeschlossen wurde. Doch bewegen tat sie sich nur, um aufzustehen und ihr Zimmer abzuschließen. Sie hörte die Stimme ihrer Mutter, welche eigentlich vermutete, sie sei alleine da, doch Liz war das egal. Sie würde einfach still weiter weinen. Es würde ihre Mutter schon nicht stören, wenn Liz nicht aus ihrem Zimmer kommen würde. Das Mädchen starrte derweil einfach nur an die Wand und weinte weiterhin.
"Wieso...", flüsterte sie noch einmal und guckte sich dann ihre eigenen Hände an, als sie diese zu Fäusten ballte, "Warum soll ich überhaupt noch etwas machen?... Am Besten bleibe ich einfach zu Hause, dann falle ich keinem mehr zur Last... Es braucht nicht lange und ich bin Tod, ganz einfach... Ich muss nur warten, nach mir Fragen wird so oder so keiner... Schließlich habe ich Niemanden mehr... Tadashi nicht... Alex nicht... und meine Schwester ist auch nicht mehr da..."
Das Mädchen rutschte etwas die Wand entlang und legte sich aufs Bett, die Augen zu fallen lassend und weiterhin weinend.
"Bitte lass ihn anrufen...", sagte sie sich noch leicht verzweifelt, "Wieso kann ich nicht normal mit Jemandem befreundet sein? Lass ihn doch bitte einfach anrufen oder vorbeikommen, irgendwas... Hauptsache er will noch mit mir befreundet sein..."

Tadashi hatte den restlichen Tag damit verbracht, seiner Schwester bei den Hausaufgaben zu helfen, auch wenn er ihr keine wirkliche Hilfe war, und zu arbeiten. Er hatte heute Überstunden machen müssen, da er gestern nicht gekommen war. Zwar hatte Tadashi erklärt, dass niemand zu ihm durchgedrungen war, allerdings wollte sein Chef das nicht hören. So lange ihm die zusätzliche Arbeit bezahlt wurde, sagte Tadashi nichts dagegen. Immerhin brauchte er das Geld.
Abends fiel der Schüler dann in seine Kissen und hatte das Gefühl, dass er sofort einschlafen würde. Doch anstatt wie sonst, wenn er so lange hatte arbeiten müssen, schnell einzuschlafen und traumlos am nächsten Morgen aufzuwachen, wälzte sich Tadashi noch zwei Stunden hin und her bevor er einschlief und dann von seltsamen Dingen träumte. Seine Erinnerung wurde am nächsten Morgen allerdings löchrig. Übermüdet machte er sich fertig und weckte seine Schwester auf. Der Tag konnte ja nur großartig werden, so müde und lustlos, wie er war. Wenigstens ging es ihm ansonsten gut.
Tadashi schleppte sich zur Schule, in der Hoffnung, dass sie auch heute frei bekommen würden. Doch so unfähig schienen die Verantwortlichen dann doch nicht zu sein. Sie hatten einen kurzfristigen Ersatz aufgetrieben. Da die Prüfungen nicht mehr lange auf sich warten ließen, konnte man eigentlich davon ausgehen, dass sie die Fresse des neuen Lehrers bis zum Ende ihrer Schulzeit ertragen mussten. Der Weißhaarige war seit Langem mal wieder richtig mies gelaunt und beleidigte jeden, der ihn auch nur schief ansah. Als der Neue dann auch noch den Fehler machte und Tadashi aufrief, um irgendeine dämliche Aufgabe zu lösen, stand er auf, nahm seinen Kram und verschwand. Das konnte er sich sparen. Sollten sie ihm doch die Fehlstunden aufschreiben. Da er sich selbst entschuldigen konnte, konnten sie eh nichts machen. Dann schrieb er in den blöden Brief eben, dass er plötzlichen Durchfall oder so bekommen hatte.

Was ihm allerdings direkt heute Morgen aufgefallen war, war die Tatsache, dass Liz nicht im Unterricht war. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sie jemals gefehlt hatte, aber heute war sie nicht gekommen. Er war sich sicher, dass sie nicht einfach so daheim blieb. Sie war früher ja sogar krank zur Schule gegangen. Daran konnte sich Tadashi noch erinnern, weil er sie angefahren hatte, sie sollte bloß aufpassen, dass er sich nicht ansteckte. Daher wusste er nicht so ganz, ob er sich Sorgen machen sollte oder nicht. Nach dem Auftritt von gestern, wohl eher ersteres. Allerdings war es etwas, das er niemals tat. Was interessierte es ihn schon, wenn eine Mitschülerin daheim blieb? Passierte doch immer wieder mal. Dennoch wurde Tadashi den Gedanken nicht los, dass sie Hilfe brauchte. Während er draußen eine Zigarette rauchte, überlegte er sich, was er tun konnte. Allerdings würde er nicht bei ihr daheim vorbeischneien. Es war nicht seine Art, sich direkt mit Problemen auseinanderzusetzen und den Kummerkasten für andere zu spielen. Stattdessen fragte er im Sekretariat nach dieser Alex von Samstag und tauchte bei ihr in der Klasse auf, mit der Bitte, sie kurz sprechen zu können.

Der restliche Tag für Liz war grauenhaft, sie schlief schon mittags ein, geplagt von aufeinander folgenden Alpträumen und so sah sie auch am nächsten Morgen aus. Tränensäcke, bleichere Haut als sonst, Tränenüberlaufenes Gesicht und die Decke über den Kopf gezogen. Ihre Mutter hatte schon früh aufgegeben, Liz zu motivieren, in die Schule zugehen, da Liz den Schlüssel hatte und einfach unter der Decke liegen blieb.

Von dem Chaos am Vortag bekam Alex erst mit, als sie am folgenden Tag in die Schule kam. Am Tag vorher war sie lediglich beim Arzt gewesen, weshalb einige aus ihrer Klasse erleichtert, andere genervt waren. Die Stunden zogen für sie schneller vorbei, als sie es erwartet hatte, aber eines war ihr in der einen Pause aufgefallen. Liz war nicht da. Doch Alex wusste nicht, ob das wirklich schlimm sei. Verwirrt war sie jedoch, als sie aus dem Unterricht gebeten wurde und plötzlich vor Tadashi stand. Sie guckte diesen mit schiefgelegtem Kopf an.
"Was gibts den Tadashi?", fragte sie und verschränkte die Arme, "Ist irgendwas, weshalb du mich aus dem Unterricht holst? Achja, weißt du, warum Liz heute nicht in der Schule ist? Ich hab sie vorhin nicht gesehen und es ist doch eigentlich eher untypisch, das sie nicht da ist. Ihr ist doch gestern nicht irgendetwas passiert, oder doch? Ich hab von diesem Autounfall passiert, ist sie etwa eines der Mädchen, die im Krankenhaus gelandet sind? Arghhh, du kommst her und direkt stell ich mir die schlimmsten Szenarios vor, aber egal. Du wolltest etwas von mir, dann los, ich will nicht unbedingt zu viel verpassen."

"Eigentlich wollte ich dich frgen, warum Liz heute nicht in der Schule ist." Tadashi hatte gedacht, dass die Beiden sich wirklich Nahe ständen, weshalb sei sein erster Lösungsansatz gewesen war. Allerdings schien sie nicht mehr zu wissen als er auch. Im Gegenteil. Offenbar war sie gestern nicht da gewesen, weshalb sie sogar vermutete, dass ihre Freundin im Krankenhaus lag. Da konnte sie Tadashi allerdings beruhigen. "Nein. Liz gehts gut. Zumindest war es gestern noch so. Wir waren noch kurz in der Turnhalle wegen ... Ach keine Ahnung, was da genau das Probelm war, jedenfalls bin ich irgendwann gegangen. Später hab ich sie dann noch nach Hause laufen sehen. Ich glaube sie hat geweint." Dieses Ereignis brachte Tadashi allerdings nicht mit sich selbst in Verbindung. Er war der Meinung, dass dazwischen noch irgendetwas passiert sein musste, von der er nichts wissen konnte. "Also im Krankenhaus ist sie jedenfalls nicht." Tja. Dann würde Tadashi wohl heute wieder nach Hause und später arbeiten gehen. Er hatte es ja wohl wenigstens versucht. Seinem Gewissen ging es dadurch aber auch nicht besser und Tadashi begann sich darüber zu wundern, dass er überhaupt eins hatte. Wo war denn bitteschön die letzten Jahre über gewesen, als er kleine Kinder erpresst und jedem auf den Nerv gefallen war. Aber jetzt wo eine Schülerin, die sich selbst als seine Freundin bezeichnet hatte krank war, tauchte es auf einmal auf. Als käme es aus dem Nichts. Am liebsten würde Tadashi es niederschlagen, weil es ihm tierisch auf den Sack ging (den Tränensack natürlich, was denn sonst 8D).

Alex hörte ihm zu und als sie ihm fertig zugehört hatte, packte sie ihm am Kragen, da sie, wenn sie sauer wurde, wirklich stark werden konnte, "Scheiße verdammt und du hast nicht einmal überlegt, sie abzufangen!", fragte sie und ließ seinen Kragen dann auch wieder los, "Hast du überhaupt eine Ahnung, wie deine Mitmenschen ticken? ich dachte wirklich, das man dir ein wenig Menschenkenntnisse mit eingeflößt hätte, aber wenn ich das jetzt so höre, bezweifle ich sogar das. Liz tickt nicht wie die Mädchen, die du möglicherweise täglich abschleppt. Wenn sie weint, nachdem irgendetwas zwischen euch war, weiß ich ganz genau, was los ist. Du erinnerst dich doch sicherlich daran, das sie dir von der toten Schwester erzählt hat und das sie seitdem Niemanden mehr hat. Nun denk mal nach, was passiert, wenn sie jetzt denkt, das ich bei dem Unfall erwischt wurde und du nichts mehr mit ihr zutun haben willst? Das Mädchen ist frustriert, vielleicht sogar wirklich deprimiert oder verletzt. Warten macht jetzt keinen Sinn. Du bleibst kurz hier, ich melde mich ab und wir gehen Beide zu ihr, damit das klar ist. Davor kannst du dich jetzt nicht drücken, egal wie sehr du gerne würdest!"
Dann wendete sich Alex zum Unterrichtsraum und fing an der Lehrerin zu erklären, das sie dringend wegmüsste und kurz danach kam sie auch wieder raus und schnappte sich Tadashi am Arm.
"Ich will nicht wissen, was sich das Mädchen antut, wenn wir nicht zu ihr gehen", sagte sie und lief dann los, "Merk dir eins Tadashi, wenn du Liz verletzt, den brech ich dir jeden Knochen einzeln!"

Mittlerweile hatte Liz sich endlich aus dem Bett qequält, jedoch nur, um sich die Arme mit mit Hilfe von einem Schwarzen Stift mit Selbstbeleidigungen zu verzieren und Bilder davon zu zeichnen, wie sie sich selbst umbrachte, während Gesichtslose Menschen um sie herum lachten. Das Mädchen war wie ein Wrack. Während sie zeichnete, lachte sie und die Beleidigungen auf ihren Armen waren alles andere als nett oder irgendwelche Späße.

"Ähm okay." Auf diese Idee wäre Tadashi nie im Leben gekommen. Es lag ihm allgemein nicht sonderlich, sich in andere hineinzuversetzen, weil er nie wirklich verstand, wie andere sich gerade fühlten. Er wusste, was Leute dachten, wenn sie sich auf irgendeine Art und Weise äußerten. Ob es Worte oder Gestiken waren. Aber gestern hatte Tadashi nur daraus folgen können, dass Liz aus irgendeinem Grund traurig war, oder es ihr nicht gut ging. Doch warum dem so war, wusste er nicht. Anscheinend fehlte ihm für soetwas das weibliche Einfühlungsvermögen.

Kurze Zeit später standen sie vor Liz' Haustür. Er hatte sich von Alex dazu überreden lassen. Alleine wäre er wahrscheinlich nicht hier gelandet. Vor allem weil er der Meinung war, dass jeder mit seinen Problemen selbst fertig werden musste. Dass hatte er ja schließlich auch immer gemusst und seiner Schwester hatte auch niemand geholfen, wenn er nicht da gewesen war und ihre Mutter mal wieder unfähig gewesen war. Aber Alex schien da wohl etwas anders zu ticken als er.
Nach einem weiteren Blick zu der Lilahaarigen, weil er sich immer noch nicht so ganz sicher war, ob er das wirklich durchziehen würde, klingelte er schließlich an der Tür. Anscheinend stand sie Liz doch ziemlich nahe, wenn sie sie so gut kannte, dass sie ihre Gedanken nachvollziehen konnte. Allerdings wüsste Tadashi nicht, womit er sie zum weinen gebracht haben könnte. Im Gegenteil. Er hatte ihr doch sogar noch geholfen. Gut, dass er ihr bestätigte, dass sie verrückt war, war vielleicht nicht unbedingt gut formuliert gewesen, aber so war er doch schon immer. Ein Trampeltier und nicht sonderlich höflich. So hatte Liz ihn doch schließlich kennen gelernt, eigentlich müsste sie wissen, dass das nicht ernst gemeint war. Aber nur wegen der einen Äußerung war sie doch nicht so deprimiert gewesen. Außerdem hätte sie doch im Krankenhaus anrufen können, anstatt sich um Alex Sorgen zu machen und sich selbst deswegen fertig zu machen.

Als es an ihrer Tür klingelte, erschrak Liz und verschwand schnell wieder im Bett, direkt nach dem Motto, seh ich euch nicht, seht ihr mich nicht und die Mutter öffnete die Tür, als Alex direkt durch den Flur in die Wohnung stürmte und nicht einmal Zeit dafür fand, die Mutter von Liz zu grüßen, sondern direkt panisch gegen die Tür zu hämmern.
"Liz, mach die Tür auf!", schrie sie der Tür entgegen, während sie gegen diese schlug, "Ich bin hier und Tadashi ist auch gekommen. Bitte mach die Tür auf Liz!"
Als Liz die Stimme von Alex hörte, schreckte sie plötzlich auf. Sie schniefte ein paar mal, bevor sie anfing zu weinen.
"A-Aber das geht nicht, du bist doch Tod?", sagte Liz und Alex schlug immer noch gegen die Tür, "Nein! Ich war gestern einfach nur beim Arzt, mir geht es einwandfrei."
"A-Aber warum sollte Tadashi den hier sein, ich bin ihm doch so oder so nur ein Klotz am Bein und gehe ihm auf den Geist", meinte sie und Alex schlug noch einmal gegen die Tür, "Mach auf und sie selbst, er ist da!"
Als Liz das hörte, war sie unsicher, was sie nun glauben sollte und zog nur die Beine an ihren Körper.
"Warum sagt er nichts, wenn er hier ist?", fragte Liz, "Er will doch so oder so nichts mit mir zutun haben, weil es an mir nichts gibt, was mich für ihn interessant machen sollte? Wahrscheinlich hält er mich für so verrückt, das ich ihm am besten nicht mehr unter die Augen komme, also warum sollte er jetzt gekommen sein? Ohne mich ist er doch so oder so besser dran und ausmachen tut es auch nicht, wenn ich hier drinnen einfach so lange versauere, bis ich verrecke. Es wäre für alle das Beste."

Als Alex die Treppe hochgerannt war, war Tadashi ihr in normalem Tempo gefolgt. Er war noch nie zuvor bei Liz daheim gewesen und überhaupt kam ihm die ganze Situation etwas seltsam vor. Daher blieb er neben Alex stehen und verschränkte die Arme. Er hörte einfach nur zu und lehnte sich an die Wand. Die Tatsache, dass Alex nicht tot war, war ziemlich schnell geregelt. Liz konnte ja auch schlecht ignorieren, dass die Lilahaarige vor ihrer Tür stand. Dann begann Liz sich selbst runterzumachen und alle möglichen Grüne aufzuzählen, warum er nicht gekommen war. Sie sei ihm ein Klotz am Bein. Als sie das sagte, fragte er sich, wobei sie ihn denn behindern sollte. War ja nicht so als hätte Tadashi ein großes Ziel vor Augen und konnte es nicht erreichen, weil Liz bei ihm war. Sprich, das erste was sie sagte, erschien ihm schon unlogisch. Das was dann folgte hatte immer weniger mit ihm zutun. Im Grunde machte Liz sich nur noch selbst fertig. Waren das die Hormone? Tadashi wüsste nicht, was der Auslöser für dieses Verhalten war. Mädchen waren echt seltsam. Der Weißhaarige sah Alex noch einmal kurz an und ging daraufhin. Er zog sich lieber aus der Affäre, bevor es noch schlimmer wurde. Denn er war sich sicher, dass das hier nicht der einzige Anfall von Selbstmissachtung seitens Liz bleiben würde. Dass sie wenig Selbstbewusstsein hatte, hatte er ja bereits gewusst, aber dass es so schlimm war, hätte er auch wieder nicht gedacht.
Als er vor der Haustür angekommen war, war es wieder sein Gewissen, das sich meldete und ihm das Leben schwer machte. Was sollte das denn jetzt schon wieder? Alex würde Liz schon wieder hinbekommen. Das war doch nur ein hormonbedingtes Loch, in das Liz gefallen war und aus dem sie auch mit Sicherheit wieder herauskommen würde. Nein er würde ihr nicht helfen. Er würde niemandem helfen. Gerade als er sich sicher war, einen Entschluss gefasst zu haben, glaubte er Liz' Stimme zu hören. Sie sagte nicht wirklich etwas. Es war nur ein Widerhall der Worte, die sie bereits vorhin geäußert hatte. Doch egal wie entschlossen er auch gewesen war. Sie erinnerten ihn unheimlich an seine Schwester. Es lag diese Verletzlichkeit darin. Sie hörte sich an, als wenn sie beschützt werden müsste und als könnte sie nicht selbst auf sich aufpassen. Es war doch zum verrückt werden. Warum konnte er das Ganze nicht einfach vergessen, wie er es sonst auch tat?
Sauer auf sich selbst kehrte er schließlich doch noch zurück. Doch er sagte nichts, was Liz zeigen konnte, dass er da war. Sie würde wahrscheinlich sowies neue Ausreden suchen und behaupten, es wäre gar nicht er und die Stimme würde sich irgendwie anders anhören als sonst. Zwar verstand Tadashi immer noch nicht so ganz, warum ausgerechnet er derjenige war, der in dieser Siutation gebraucht wurde - immerhin war er der rauchende Idiot, der auf sein Umfeld einen eher schlechten Einfluss hatte -, jedoch unternahm er jetzt was. Das war ja wirklich nicht mehr mit anzusehen. Wenn Liz die Tür nicht öffnen wollte, würde er sie eben öffnen. Zwar war er nicht unbedingt der Kräftigste, doch dadurch dass er andauernd mit dem Fahrrad unterwegs war, hatte er genügend Kraft in den Beinen um die Standhaftigkeit dieses beschissenen, rostigen Schlosses zu brechen. Allerdings hatte er nicht weiter nachgedacht. In seinem Plan hatte er die Tür eingetreten. Alles was danach kam hatte er nicht so ganz bedacht, weshalb er jetzt doch etwas überfordert auf der Türschwelle stand.

Liz hätte noch weiter mit Alex streiten können, als sie plötzlich den Knall der Tür hörte, die gegen die Wand schlug, als sie aufgetreten wurde. Liz erschrak und versteckte sich direkt unter der Decke, bevor sie kurz mit einem Auge heraus lugte und Tadashi da sah. Sie schob die Decke weg und guckte dann etwas fassungslos zu dem Jungen.
"D-Du bist doch hier?", sagte sie verwundert und guckte errötet zur Seite, "Scheiße."
Im nächsten Moment stand sie schreckhaft auf und rannte zu ihrem Schreibtisch, die Zeichnungen zerfleddernd und sich dann zu Alex und Tadashi umdrehend.
"Es tut mir Leid...", sagte sie dann und sackte auf die Knie, "Ich dachte, ich würde einfach vergessen werden und jetzt seit ihr hier und habt euch womöglich doch Sorgen um mich gemacht---"
Bevor Liz fertig sprechen konnte, war Alex bereits bei ihr und hatte sie fest in den Armen.
"Hey, beruhig dich erstmal, das wird alles wieder", sagte sie und streichelte Liz behutsam, "Du hast lediglich Panik bekommen, das ist alles. Jeder dreht mal durch, ob es Reaktionen von Freunden sind, die einen dazu bringen, der Alkohol oder das Familienverhältnis, aber jetzt versuch erstmal, das alles wieder zusammen zukriegen. Der Tag Gestern war wohl etwas zu viel für dich. Tadashi hatte Gestern nicht behauptet, das eure Freundschaft beendet ist und mich kriegt selbst ein Autounfall nicht so schnell klein. Gefühle sind schon eine harte Sache Liz, nicht wahr?"
Das Mädchen fing an zu schluchzen und dann zu weinen und guckte nach unten.
"Warum fühle ich mich in den letzten Tagen immer so komisch", fragte Liz und Alex musste leicht lachen, "Das ist etwas ganz normales, entweder liegt es einfach an den Hormonen oder an irgendeinem Gefühl oder du hast einfach Angst, etwas zu verlieren. Es passiert oft Menschen, die etwas verloren haben, was sie lieben, dass sie sich an alles andere, was ihnen wichtig ist klammern und durchdrehen, wenn sie auch nur den Verdacht spüren, es könnte zu Ende sein. Aber komm erstmal hoch."
Alex half Liz dann vorsichtig auf und ging mit ihr zum Bett, Tadashi unauffällig zu den Beiden winkend. Als sie Liz abgesetzt hatte, setzte sie sich neben das Mädchen.
"Das wird sich alles wieder biegen und sicherlich verstehst du bald, warum du so durchdrehst", meinte Alex dann und streichelte dem Mädchen weiterhin behutsam über den Rücken, "Emotionalle Schocks sind immer etwas, das man nicht gut verkraftet. Am besten ruhst du dich die nächsten paar Tage noch ein wenig aus, Ich komm ab und zu vorbei und sicherlich findet Tadashi auch noch einmal Zeit, vorbei zukommen."
Während sie ihren letzten Satz sagte, blickte sie ernst zu Tadashi.

Na toll. Für Tadashi bedeutete das, dass er gar keine andere Wahl hatte, als mit Liz befreundet zu bleiben. Selbst wenn er die Freundschaft beenden wollen würde, würde er es nicht können, weil Liz dann durchdrehen würde. In was für einen Schlamassel war er da nur geraten? Der Weißharige hatte noch nie wirklich eine Verpflichtung gegenüber anderen gehabt und jetzt auf einmal hatte er keine Wahl mehr, sondern wurde in eine Rolle gepresst, ohne dass er gefragt wurde. Irgendwie fand er das Ganze beengend. Tadashi war schon immer jemand gewesen, der seine Freiheit in vollen Zügen ausgenutzt hat und glücklich damit war eine Beziehung, egal in welcher Weise, jederzeit beenden zu können, wenn er wollte. Die Tatsache, dass das bei Liz nicht so einfach sein würde, engte ihn ein und raubte ihm einen Teil seiner Freiheit. Als er daran dachte, kehrte das Stechen von gestern wieder zurück. Doch mittlerweile vermutete er, dass es einfach damit zusammenhing, dass er immer weiter eingeengt wurde.
Aber was konnte er schon dagegen tun? Ja genau. Nichts. Daher trottete er eine Weile später Alex hinterher und sah Liz an. sie sah aus wie ein seelisches Wrack. Wäre er nicht mit ihr befreundet, hätte er ihr das auch so gesagt und wäre einfach verschwunden. Genau das hätte er vorhin noch tun können: verschwinden. Warum also hatte er es nicht getan. Hatte sich überreden lassen, nur weil Liz so hilfebedürftig war. "Ja," antwortete er schließlich eintönig, als Alex ihn ansah um genau dieses Wort mit Blicken aus ihm herauszuprügeln.
"Tut mir Leid, aber ich habs eilig," immer noch mit diesem beklemmenden Gefühl in der Magengegend, machte Tadashi sich vom Acker. Er hatte es nicht wirklich eilig, schließlich würde er heute sowieso nicht mehr in den Unterricht gehen. Aber da drin hatte er es einfach nicht mehr ausgehalten. Da war es immer noch besser verfrüht auf der Arbeit zu erscheinen und Geld zu verdienen. Die frische Luft und der Gegenwind taten gut. Doch das, was vorhin passiert war, konnte er nicht mehr so einfach verdrängen-: Jetzt musste er sich wohl oder übel damit auseinandersetzen.

"Tschüss", sagte Liz ein wenig betrübt, aber doch irgendwie glücklich und guckte dann nach unten, wo sie wieder ihre Finger aneinander stupste, "Ich wünschte, er wäre noch ein wenig länger geblieben, aber so ist er doch, immer irgendwie auf Draht und man kann ihn nie solange wie man gerne würde bei sich behalten."
"Mach dir darüber keinen Kopf Lizzy, ich glaube er wird auch noch verstehen, warum du ihn bei dir haben willst", meinte Alex lächelnd und wuschelte dem Mädchen durchs Haar, "Und wer weiß, vielleicht entwickelt der doch so abweisende Tadashi ja auch Gefühle für dich. Würde aber auch mal Zeit werden, dass er lernt, wie es ist, wenn man sich in Jemanden verliebt und nicht ständig auf der anderen Seite steht.
"Wahh, ich bin doch nicht in ihn verliebt", schreckte Liz auf, wurde dann aber rot und guckte wieder zu Boden, "Ich kann lediglich meine Gefühle für ihn noch nicht klar deuten. Es ist irgendwie komisch, fast das gleiche, was ich auch fühle, wenn ich mit dir irgendwo zusammen bin, aber doch irgendwie eine Nummer stärker. Arghhh, das ist mir einfach viel zu kompliziert. Am besten denk ich für eine Weile nicht mehr drüber nach. Das ist sicherlich das Beste."
"Du kommst damit schon klar, Lizzy", meinte Alex und klopfte ihr leicht auf den Rücken, "Aber du kannst ja mal versuchen, dich ihm etwas anzunähern, wenn er vorbeikommt und lass deine Mutter in der Schule anrufen, das du in den nächsten paar Tagen nicht da bist. Nach einem Tag wie Gestern ist das mit dem Schock sicherlich verständlicher für alle."
"Werd ich machen", sagte sie und guckte dann fragend zu Alex, "Aber sag mal, gehst du jetzt etwa wieder zur Schule?"
"Nein Nein, es würde nicht mehr wirklich viel Sinn machen und ich bleib jetzt lieber hier und kümmer mich noch um dich", sagte Alex mit einem fröhlichen Grinsen, "Aber husch, geh erstmal unter die Dusche, du siehst im Moment ganz schön schrecklich aus."

Tadashi blendete alles auch. Selbst die immer noch nicht gewichene Bedrängnis, die das Stechen in seiner Brust auslöste. Er radelte einfach monoton von einem Haus zum anderen um seinen Job zu erledigen. Natürlich wurde ihm nur allzu schnell langweilig dabei. Daher begann er nach einer WEile leise vor sich hinzupfeifen.
Abends wieder daheim angekommen fragte sich der Weißhaarige, wie lange seine Mutter noch im Krankenhaus bleiben wollte. Immerhin war sie schon das ganze Wochenende da gewesen und es war ja bereits Dienstag. Allerdings hatte er auch keine Lust, im Krankenhaus anzurufen und nach ihr zu fragen. Das Personal war nicht besonders freundlich zu ihm. Kein Wunder, bei der Patientin. Wahrscheinlich fiel sie dort nur allen auf die Nerven. Hotaru war wohl schon im Bett. Jedenfalls hörte Tadashi nichts von ihr, was äußerst ungewöhnlich war. Normalerweise kam sie diret runter, um ihn zu begrüßen. Als er dann in ihr Zimmer sah, bestätigte sich seine Vermutung. Sie hatte sich unter ihre Decke und an ihr Kuscheltier gekuschelt.
Es wurde wirklich langsam Zeit ins Bett zu gehen. Der Tag war anstrengend gewesen. Es war das erste Mal, dass seine Probleme nicht von der Schule kamen, sondern privat waren. Wie er damit umzugehen hatte, wusste er immer noch nicht so genau. Doch Tadashi beschloss, spontan an die ganze Sache heran zu gehen. Er würde Liz morgen besuchen und nicht daran denken, bis er vor ihrer Tür stand. Was brachte es schon, sich über Dinge den Kopf zu zerbrechen, wenn man eh nichts daran ändern konnte?

Am nächsten Morgen ging der Weißhaarige wieder in die Schule. Natürlich konnte er sich auf eine Standpauke gefasst machen, doch die Worte des Lehrers gingen an Tadashi wirkungslos vorbei. Er hatte kein Interesse an der Schule. Klar. Er musste seine Prüfungen schaffen, aber dafür würde er einfach später lernen und alles, was er verpasst hatte nachholen. Aber im Moment machten sie doch gar nicht mehr wirklich Unterricht. Im Gegenteil. Sie wiederholten alten Stoff oder sahen sich irgendwelche Filme an. Warum also, war er überhaupt hier. Es war doch nur unnütze Zeitverschwändung.
Nach der Schule stellte er alles daheim ab und ging bei Liz vorbei. Er hatte es ja schließlich versprochen.

Der restliche Tag war für Liz, wie auch für Alex beruhigend. Am Abend ging Alex wieder und Liz hatte sich erstmal die ganzen Schimpfwörter von den Armen gewaschen und sich auch früh hingelegt. Zwar waren durch das ganze Schrubben ihre Arme ein wenig angereizt, aber alles in allem sah es besser aus, als wenn ihre Arme mit schwarzer Farbe übersäat währen. Alex hatte sich auf dem Weg nachhause noch etwas zu essen geholt und sich seltsamerweise ziemlich früh hingelegt. Der ganze Tag hatte sie irgendwie ausgelaugt, weshalb das Mädchen auch direkt einschlafen konnte. Liz starrte noch eine Weile an die Decke, bis sie dann auch einschlafen konnte.
Am nächsten Morgen wachte das Mädchen erst relativ spät auf. Alex hatte bereits angerufen, das sie heute nicht zu Liz kommen würde, weil sie eine andere Freundin im Krankenhaus besuchen wollte. Liz machte sich derweil einen eher gemütlichen Tag. Bis um knapp 16 Uhr lag sie im Bett und hat einfach nur ein wenig gezeichnet, bevor sie auch wirklich aus dem Bett kam und sich dort ganz in Ruhe unter der Dusche entspannte. Sie hätte die Zeit wirklich vergessen können, als es plötzlich klingelte. Schnell band sie sich einfach nur ein Handtuch um, um die Tür zu öffnen.
"Ahh, Tadashi, schön das du kommen konntest", sagte sie und lächelte ein wenig verlegen, "Wenn du möchtest, kannst du kurz in meinem Zimmer warten, ich müsste mich noch schnell fertig machen."
Dann verschwand sie auch wieder im Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. Dort trocknete sie sich schnell ab und föhnte ihre Haare, das aber eher schnell als Gründlich und zog sich einfach nur schnell etwas von den getrockneten Sachen an, die auch irgendwie zusammen passten.
(Unter den Zeichnungen sind auch ein zwei Bilder von Tadashi und eine Zeichnung von dem Tag am Eiscafe.)

Tadashi nickte und setzte sich dann in ihrem Zimmer auf einen der beiden Stühle. Da Liz daraufhin noch einmal im Bad verschwand, kam Tadashi dieses Mal dazu, ihr Zimmer genauer zu betrachten. Gestern hatte er ja noch nicht einmal 5 Minuten darin verbracht. Es war alles äußerst hell und freundlich gestaltet. Vielleicht lag es auch daran, dass durch die zwei Fenster besonders viel Licht ins Zimmer fiel. Er selbst hatte nur ein Fenster und ein etwas kleineres Zimmer. Dafür war sein Bett riesig, wohingegen ihr Bett die normale Größe zu haben schien. Für seinen Geschmack besaß Liz definitiv zu viele Bücher. Was wollte sie denn damit? War es denn nicht billiger, sie zu leihen und später, wenn man sie gelesen hatte, wieder zurückzugeben? Viel mehr als einmal las man die Dinger doch sowieso nicht. Aber da konnte Tadashi wohl einfach nur nicht mitreden. Er selbst las nicht sonderlich viel und wenn überhaupt, dann die Tageszeitung.
Ihr Zimmer zu betrachten war allerdings nicht sonderlich spannend, weshalb Tadashi äußerst schnell langweilig wurde. Allerdings war er gut genug erzogen worden, um jetzt nicht aufzustehen und ihre Schränke zu durchstöbern. Das gehörte sich eifnach nicht. Stattdessen schaute er, was sie auf dem Schreibtisch liegen hatte. Auffällig war, dass er in jedem Fall um einiges sauberer war, als sein eigener. Sein Schreibtisch diente ihm vor allem als Ablage für alles, was er gerade nicht gebrauchen konnte. Hausaufgaben hatte er dort das letzte mal vor zwei Jahren gemacht. Während er sich so umsah, stolperte über zwei Zeichnungen, auf denen er zu sehen war. Eins musste er ja zugeben. Sie hatte Talent. Aber warum zur Hölle diente er als Motiv? Sollte sie doch lieber Alex zeichnen oder zumindest jemanden, der normale Haare hatte.

Als Liz aus dem Bad wieder in ihr Zimmer kam, sah sie, wie Tadashi auf die Zeichnungen auf ihrem Schreibtisch guckte. Mit einem Lächeln ging sie zu ihm und setzte sich auf den anderen Stuhl, die Bürste von ihrem Tisch nehmend und sich langsam die Haare kämmend.
"Gefallen dir die Bilder?", fragte sie und bemerkte, das er anscheinend grade das eine Bild gesehen hatte, auf dem er zu sehen war und guckte ein wenig verlegen auf das Bild, "Bitte frag nicht wieso ich das gezeichnet habe, ich hatte heute morgen einfach irgendwie Lust, ein Bild von dir zu zeichnen. Gefällt es dir den?"
Liz guckte dann wieder zu Tadashi, während sie sich weiterhin die Haare bürstete. Einerseits freute sie sich zwar, das er das Bild gesehen hat, aber irgendwie war ihr auch mulmig dabei. Was wenn es ihm nicht gefallen würde, wenn er das Bild schlecht finden würde. Doch dieses mal galt es für Liz, ihre Selbstzweifel hinter sich zu lassen. Er würde es gut finden, dachte sie sich schon, nein, sie war sich sicher, dass er das Bild mögen würde.
"Falls du möchtest, darfst du das Bild behalten", meinte sie dann und kramte selbst kurz in dem Haufen, "Mist, wo hab ich den das Bild. Ich hab heute morgen auch noch eins von Hotaru und dir gezeichnet, das ich euch schenken wollte, aber jetzt finde ich es nicht mehr. Ich zeichne immer viel zu viel, wenn ich erst einmal angefangen hab. Ich hab sicherlich die meisten meiner Bilder irgendwo in meinem Zimmer verschlampt oder irgendwo in meinen Zeichenbüchern klemmen."

Tadashi nickte, als sie ihn fragte, wie er die Bilder fand. Da das keine richtige Antwort war, fügte er schließlich noch hinzu, dass er der Meinung war, dass sie Talent hatte. Dass er es nicht richtig fand, dass sie gerade ihn gezeichnet hatte, sagte er ihr allerdings nicht. "Danke," der Weißhaarige lächelte kurz, faltete das Bild zusammen und steckte es in seine Hosentasche. Zwar wusste er nicht so ganz, was er damit anfangen sollte, jedoch wäre es wohl unhöflich gewesen, es nicht mitzunehmen. Als Liz dann begann irgendetwas anderes zu suchen, stoppte er sie, indem er ihre Hände festhielt. Als sie aufgehört hatte, weiterzusuchen, lies er sie wieder los. "Ist schon in Ordnung." Tadashi war sich sicher, dass auch das Bild gut aussehen würde. Sie konnte es ihm ja immernoch später geben.
"Wie gehts dir?" Irgendwie wurde Tadashi das Gefühl nicht los, dass das hier mehr ein Krankenbesuch war, als ein kurzes Vorbeischauen bei einer guten Freundin. Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass seine Mutter zur Zeit im Krankenhaus lag und er den Geruch nicht mehr aus der Nase bekam. Warum auch immer, aber Krankenhäuser rochen immer komisch. Das war ihm schon häufiger aufgefallen. "Siehst jedenfalls besser aus, als gestern," bemerkte er mit einem Grinsen im Gesicht.

"Danke", antwortete sie lächelnd auf seine letzte Bemerkung und atmete entspannt auf, "Sehr viel besser als Gestern, danke der Nachfrage. Es hat mir wirklich gut getan zu sehen, dass ich doch nicht ganz so allein da stehe, wie ich gedacht habe und der restliche Tag mit Alex war auch Prima gewesen. Aber ich bin echt froh, dass du heute nochmal vorbei gekommen bist. Alex musste ins Krankenhaus, da eine ihrer Freundinnen anscheinend Gestern auch erwischt wurde. Achja, was ich fragen wollte, wie geht es dir eigentlich? Ich konnte Gestern nicht wirklich erkennen, wie du drauf warst und da wollte ich jetzt nochmal nachfragen. Hoffentlich hab ich dir nicht zu viel Stress bereitet. Achja, wegen meiner einen Bitte von vor ein paar Tagen, da hab ich Alex nochmal gefragt, was es den sein könnte und sie meinte, es hätte irgendwas mit meinen Gefühlen zutun. Ich bin irgendwie froh darüber, das dieses komische Empfinden vorübergehend ist und mir ist gestern auch aufgefallen, dass es mittlerweile nicht mehr so ein extremer Unterschied an der Temperatur ist. Arghh, ich rede etwas zu viel, fällt mir grade so auf. Ich fühle mich einfach prima."
Liz lachte ein wenig und guckte dann aus dem Fenster.

Tadashi musste sich richtig anstrengen, um Liz überhaupt noch folgen zu können. Sie konnte ja richtig viel reden, wenn sie nur wolte. Am Anfang war sie immer eher still gewesen und nicht selten, war diese schweigende Stille eingetreten, die wohl jeder vermeiden würde. Da er allerdings auch nicht unbedingt der gesprächigste unter ihnen war, war genau dieser Fall nicht gerade selten eingetreten. Tadashi beschloss schließlich, als Liz wohl eine Pause einzulegen schien oder vielleicht sogar fertig gesprochen hatte, alles schön der Reihe nach durchzugehen. "Also im Moment, ist alles in Ordnung," das sagte Tadashi immer, wenn man ihn fragte, wie es ihm ging. Selbst seine Schwester hatte nie etwas anderes aus seinem Mund gehört. Selbst wenn es ihmi nicht gut ging, sagte er eher nichts, als zuzugeben, dass er auch schwache Tage hatte. Im Moment gings ihm eigentlich sogar relativ gut. Aber gestern war es extrem seltsam gewesen. Und zwar wirklich selstsam. Ihm ging es nicht schlecht oder gut. Er hatte einfach nur ein seltsames Gefühl beim Gedanken daran, eine Freundschaft mit einem Mädchen zu führen, das er niemals im Stich lassen durfte. Die Beklemmung, die er gestern gespürt hatte, war auch heute noch da. Und seit er das Haus betreten hatte, spürte er auch wieder das gleiche Stechen wie sonst auch. Doch mittlerweile begann er bereits, es zu ignorieren.
"Welche Gefühle denn?" Es war ja nicht so, als würde Tadashi nicht auch fühlen, aber er hatte soetwas nicht gehabt. Wenn Liz hier von ganz normalen Gefühlen, wie Freude, Furcht, Stress sprach, dann hatte wohl wirklich nur Liz diese Probleme. Darauf wäre Tadashi jedenfalls nie gekommen. Seine Lösungen fand er sowieso immer auf rationalem Weg. Alles was er nicht sehen oder fühlen konnte, war für ihn nicht wirklich existent. Daher hatte er einen Grund wie diesen erst gar nicht in Betracht gezogen.

"Schön das bei dir alles in Ordnung ist", sagte sie lächelnd, als er dann nach den Gefühlen fragte. Von einem Moment auf den anderen wurde sie knallrot und fing an, an den Enden ihres Rocks zu zupfen. Sie hatte nämlich nicht die geringste Ahnung, wie sie das jetzt ausdrücken sollte, aber Zurückhalten wäre auch keine gute Idee, sonst würde er sie sicherlich nur wieder für verrückt abstempeln, "Hmm, ich weiß noch nicht wirklich, wie ich die Gefühle deuten kann. Wahrscheinlich muss ich das alles noch verstehen lernen, vorher komm ich nicht wirklich weiter damit, aber ich bastel mir das alles schon irgendwie zusammen", sagte Liz und lächelte dann wieder, immer noch ein wenig errötet, "Ich weiß nur, das mein Problem sicherlich Vergangenheit ist, wenn ich die Gefühle verstehe und mich für die öffne".
Im Anschluss musste Liz dann aber doch Kichern und ließ den Kopf in den Nacken fallen, an die Decke guckend und etwas verträumt wirkend, "Wenn ich über sowas rede, komm ich mir wieder wie ein kleines Kind vor", meinte Liz dann und ließ ihren Kopf wieder nach vorne Baumeln, "Hach, es ist so schön befreiend, wenn man den ganzen Tag einfach nur vor sich hin träumen kann und nicht darüber nachdenken muss, was im nächsten Augenblick passieren könnte. Es ist wirklich dringend mal nötig, das ich mir einen Tag so frei nehmen kann, sonst würde ich das ganze zusammen mit dem Schulstress nicht heil überstehen."
Liz streckte sich einmal ausgiebig und seufzte entspannt auf.
"Sorry das ich dich schon wieder so zu quatsche, aber ich konnte seit ein paar Stunden mit Niemandem reden", sagte sie und stupste die Finger aneinander, "Das ist irgendwie total erdrückend, wenn man Niemanden hat, mit dem man reden kann, wenn man mal nicht in der Schule ist."

Tadashi hatte auch dieses Mal versucht, ihr zu folgen, doch gerade das mit den Gefühlen hatte er nicht so ganz verstanden. Man wusste doch, was man fühlte oder? Er war zumindest der ÜBerzeugung, dass er immer wusste, was er selbst fühlte. Daher fand er es etwas komisch, dass Liz erst herausfinden musste, was genau sie fühlte, um mit ihrem kleinen Temperaturproblem fertig zu werden. Aber offenbar war sie auf dem richtigen Weg, immerhin hatte sie vorhin gesagt, es wäre schon besser geworden. Tadashi wäre auch gerne daheim geblieben. Darum beneidete er Liz. "Naja, du hast nicht wirklich was verpasst. Wir haben den halben Tag über irgendwelche Filme geschaut oder anderen unnützen Müll gemacht, der sowieso nicht in den Prüfungen vorkommen wird." Ob sie wohl schon gelernt hatte? Sie war ja sonst auch immer so fleißig. Er selbst hatte noch nicht einmal angefangen und das obwohl seine erste Prüfung bereits nächste Woche war. "Mit wem redest du denn normalerweise, wenn du in der Schule bist?" fragte er sie. Ihm war noch nie aufgefallen, dass sie überhaupt groß mit jemandem gesprochen hatte. Die meisten, die zu ihr kamen, wollten einfach nur Nachhilfe von ihr oder fragen, ob sie ihnen die Hausaufgaben machen konnte. Das war zumindest das, was Tadashi beobachtet hatte. Aber es gab ja auch noch mehr Schüler, als nur die aus seiner Klasse. Vielleicht hatte sie ja mehr Freunde, als er im Moment annahm.

"Ach, ich rede mit denen, die Lust haben mit mir zu reden", sagte sie und kratzte sich am Hinterkopf, "Ab und zu mal komme ich mit den Astauschschülern ins Gespräch, aber meist um selbst ein wenig zu üben, wie man die Sprachen spricht und ab und an rede ich auch mit den Jüngeren auf der Schule. Die sind immer so ehrlich, das ist irgendwie richtig süß, wenn man im Vergleich mal unseren Jahrgang nimmt. Schade eigentlich, dass es im Verlauf des Schullebens mit der Ehrlichkeit ständig den Bach runtergeht. Mensch, die Lehrer sollten die ganzen Sachen von vorher lieber mit uns wiederholen. Ich hab die meisten Sachen zwar schon gemacht, aber ich bin mir immer noch nicht wirklich sicher, ob ich auch wirklich das gemacht hab, was jetzt in den Prüfungen ran kommt. Zum Glück sind schon in den nächsten 2 Wochen die ganzen Prüfungen vorbei. Anders als der Rest der Organisation sind die Termine einigermaßen gut sortiert, find ich. Auch wenn ich in einer Woche 3 Prüfungen schreibe. Wie siehts eigentlich mit deinen Prüfungen aus. Sind die auch so aufgehäuft oder eher verteilt auf die nächsten paar Wochen. Achja, bevor ich vergesse zu fragen, du weißt doch sicherlich, wann wir unseren Abschluss haben, oder? Ich vergesse so ne Daten immer wieder."
//Wahh, ich lasse ihn ja überhaupt nicht zu Wort kommen und dabei wollte ich doch ein bisschen was über ihn erfahren//, bemerkte Liz und innerlich raufte sie sich bereits die Haare, //Wie soll ich ihn überhaupt ein wenig auspressen? Ich weiß doch gar nicht, wie sowas geht. Aber ich glaube kaum, das er mich über alles mögliche ausfragen würde. Ich wette, er kann sowas viel besser. Arghhh, nachdem er geantwortet hat, fragst du etwas persönliches, so fängst du an.//

Mit den Jüngeren hatte Tadashi nichts zutun. Liz schien sich wohl hin und wieder mit ihnen zu unterhalten, aber er hatte keine Lust dazu. Meistens meinten diese Knirpse, ihn verarschen zu wollen, was sie natürlich sowieso nie schafften oder aber ihn vorlaut anzunörgeln. Außerdem gehörte er mittlerweile zu den Ältesten der Schule. Diese Kinder hatten gefälligst zu ihm hoch zu sehen, statt sich zu ihm herabzulassen. Gut vielleicht hatte er diesen Eindruck auch nur, weil er sich immer wieder über die ganz Jungen aufregte, die die Angewohnheit hatten, die Gänge entlangzusprinten und einem dadurch den Weg abzuschneiden. Mit denen, die vielleicht eine oder zwei Stufen unter ihnen war, hatte Tadashi noch nie gesprochen. Er fand schon seine eigene Stufe schlimm genug. "Ich hab meine erste nächste Woche Dienstag. Dann Donnerstag, die Woche darauf noch zwei und dann wars das." Tadashi war froh, dass er nur 4 Prüfungsfächer hatte. Gut dann noch die mündliche Prüfung, aber das war ja wohl ein Klacks. Das würde er schon hinbekommen. Immerhin hatte er kein Problem damit irgendeinen Scheiß zu labern. Da bekam man die Note ja praktischerweise fürs Labern. Wenn er eine viertel Stunde brauchte, um eine Frage zu beantworten, hatten sie ja schließlich nicht mehr so viel Zeit für weitere Fragen. "Öhm," auch Tadashi musste überlegen wann das war. "War das nicht irgendwann in drei Wochen, keine Ahnung." Er hatte bislang noch nicht darüber nachgedacht. Er hatte sich sowieso nie sonderlich für die Abschlussfeier mit der Zeugnisübergabe interessiert. Klar, er würde wohl hingehen müssen, aber im Gegensatz zu manchen anderen, miss Tadashi dem nicht so viel Bedeutung zu.