Kisa

Ich richtete mich auf. Wo war ich? In einer Höhle ... Was war geschehen? Ich erinnerte mich daran, Jagd auf Naraku gemacht zu haben und dessen Geruch bis zu einer Höhle gefolgt zu sein, dann hatte ich Magie gespürt und war im nächsten Moment hier aufgewacht. Naraku ... Unwillkürlich fuhr meine Hand zur Hüfte, legte sich an den Knauf des Schwertes. Gut, So'unga war noch an seinem Platz. Ich erhob mich. Zaudern half mich auch nicht und war einer Hundeyoukaiprinzessin unwürdig. Ich trat aus der Höhle und blickte mich um, witterte. Ich wusste nun, wo ich mich befand - in den westlichen Ländern. Hier hatte unser Vater einst geherrscht, hier waren mein Bruder und ich aufgewachsen. Dennoch ... etwas war anders ... Ich hatte mich, vor allem in den letzten Jahrhunderten, öfters hier aufgehalten.
Der Wald war im Laufe der Zeit immer lichter geworden, doch nun war er ungewöhnlich dicht. Könnte es vielleicht sein, dass ich ... in der Zeit zurückgereist war? So, wie Kagome das immer tat? Das Klügste wäre wohl, sich zum Schloss zu begeben. Ich wagte es nicht , ein Dimensionsportal zu öffnen, es wäre unhöflich gewesen und ich wusste nicht, wer der Herr war. Vielleicht unser Herr und Vater, Sesshoumaru oder ... jemand anderes, meines Bruders Erbe, sollte ich mich weit in der Zukunft befinden? Ich ging weiter, immer vorsichtig die Luft in meiner Umgebung prüfend.
Lange Zeit veränderten sich nur die Bäume um mich herum. bis ich ein Geräusch hörte und herumwirbelte. Etwa zehn Gestalten brachen aus dem Gebüsch und kamen auf mich zu. Ich hatte sie nicht gewittert, da sie sich gegen den Wind bewegten. Ich stieß ein leises Knurren aus, als ich sie als Drachen in Menschenform identifizierte. Sollte ich etwa in der Zeit der Drachenkriege sein? Nun ich konnte daran nichts ändern. Mein Körper versteifte sich automatisch, als sie ihre Schwerter zogen. Ich ließ mein Youki aufflammen, zwar nicht mein volles jedoch eine beachtliche Menge. So'unga pulsierte an meiner Hüfte, doch ich würde es nicht einsetzen ... oder brauchen. Ich streckte den rechten Arm waagerecht aus, formte mein Youki zu einer Peitsche. Die Drachen griffen an und ich wich ihren Schwerthieben aus, nutzte meine Youkipeitsche, um meinerseits anzugreifen. Selbst ich musste zugeben, dass die Krieger nicht schlecht waren, sie waren sehr zäh. Mit einem Handkantenschlag zertrümmerte ich einem der Feinde das Genick, ein anderer bekam meine Giftklaue zu spüren. Nach dem Kampf sah ich mich um. Niemand von ihnen hatte überlebt und ich war noch nicht einmal müde ... Aus dem Augenwinkel bemerkte ich eine Bewegung, wirbelte herum. Bevor ich jedoch reagieren konnte, brach der Drache tot zusammen und ich sah in ein mir nur zu bekanntes Gesicht. Goldfarbene Augen blickten mir entgegen, das lange weiße Haar war zu einem Zopf gebunden. Hastig senkte ich den Blick, warf mich zu Boden und presste die Stirn auf die Erde. Meine über Jahrhunderte antrainierte Selbstbeherrschung und meine strenge Erziehung verhinderten, dass ich etwas tat oder sagte, das unhöflich war und mich somit bloßstellte. Ich hätte mich eher selbst getötet, ehe ich mich vor meinem Herrn und Vater und meinem Fürsten blamierte und diesen somit ebenfalls.
"Ich danke Euch, Oyakata-sama" sagte ich leise. Eine Windbö trug meiner Nase zwei Gerüche entgegen. Einen konnte ich zweifelsfrei identifizieren, das war der Gestank Narakus, der andere kam mir bekannt vor, doch ich konnte ihn nicht einordnen.

Wie schon seit Wochen wurden die Drachen mit ihren Angriffen immer und immer dreister. Während Anfangs noch große Schlachten ausgetragen wurden, musste ich mittlerweile immer wieder kleinere Truppen in Gebirge und Wälder schicken, immer mit dem Wissen darüber, dass es vielleicht doch ein Hinterhalt sein könnte. Aus dem Grund, dass die Truppen nun auch wirklich nur noch rar im Dorf positioniert waren, habe ich die Meisten zum Palast geschickt, während das Dorf selbst nicht sehr gut verteidigt wurde, doch mein Vertrauen lag in den Leuten. Ich war mir zu 100% sicher, dass sie es schaffen würden, das Dorf solange zu verteidigen, wie ich mit dem Inu no Taishou und seinem Berater Naraku unterwegs war. Doch irgendwas sorgte bei mir für Unbehagen. Es war äußerst unbedacht, sich in den Wald zu wagen, während wir einen Krieg gegen die Drachen führten. Doch meine Zweifel wollte ich nicht unbedingt zu Wort bringen, da ich sie dem Taishou wahrscheinlich nicht hätte äußern können. Dieser Naraku war ein komischer Kerl, ich weiß nicht wieso, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, er würde den Herrscher von jeglichen Einflüssen isolieren. Doch das spielte sich wahrscheinlich nur in meinem Kopf so ab. Doch dieser willkürliche Ausgang des Herrschers machte mir trotz allem Sorgen. Ich hörte gequälte Kreische aus der Ferne, als den Schädel eines Drachens mit meiner Waffe am Boden zerdrückte. Es waren deutlich die Schreie weiterer Drachen, was mich jedoch verwunderte. Die einzige Truppe, die ich noch in den Wald geschickt hatte, war in die entgegengesetzte Richtung gegangen und auch wenn sie Youkais waren, könnten sie zu dieser Zeit nicht an Ort und Stelle sein. Natürlich schilderte ich dem Taishou die Situation in wenigen Worten, doch ihn schien es eher neugierig zu machen, wer dort die Drachen mordete, weshalb wir also den Kurs weiterhin in diese Richtung setzten, als ich bereits verspritztes Blut an den Bäumen sehen konnte. Der Taishou war jedoch bereits ein Stück vorraus, ich mit Naraku ein wenig hinter ihm. In der Nähe von ihm fühlte ich mich irgendwie nicht wohl, aber das tat jetzt nicht zur Sache. Als sich der Taishou doch ein wenig zu weit entfernte, kam ich diesem etwas schneller hinterher, Naraku auch hinter mir lassend, als ich die am Boden kniende Prinzessin sah. Ich drehte mich wie üblich zur Seite. Als Soldat hielt ich mich immer an meine Regeln, welche dabei auch hießen, einer Frau nicht zu Nahe zukommen, damit kein Unglück geschieht. Trotz allem war ich verwundert. Ich wusste zwar, dass die Prinzessin kämpfen konnte, wenn sie es wollte, aber im Alleingang mehrere Drachen zu töten war wirklich eine Leistung, auch wenn diese sich als Menschen tarnten. Während Naraku nun auch an Ort und Stelle war, begutachtete ich die Leichen der Drachen. Alles Angriffe, die einen sofortigen Tod ausgelöst haben. Ich guckte jedoch in die Richtung, aus der die Drachen scheinbar gekommen waren. Es war nicht schwer zu ermitteln, woher sie kamen, da eine Spur der Verwüstung den Weg zeichnete.
"Wir sollten nicht länger als notwendig hier warten", sagte ich und lud solange meine Waffe, "Ich habe das Gefühl, dass das in einem Hinterhalt enden könnte, wenn wir nicht in Bewegung bleiben oder wieder zurück gehen."

Ich spürte sowohl Vaters Blick auf mir, als auch den von Naraku und dem anderen Wesen. Sofort unterdrückte ich mein Youki, es war unhöflich einem Fürsten mit offen gezeigtem Youki gegenüberzuknien, auch wenn ich nicht meine vollständige Macht gezeigt hatte. Dennoch wagte ich es nicht, aufzusehen, ehe man mir nicht die Erlaubnis dazu erteilt hatte. Chichi-ue ... ich hatte ihn seit zwei Jahrhunderten nicht mehr gesehen, seit er gestorben war. Der Tag seines Todes war der schrecklichste Tag meines bisherigen Lebens gewesen - im Gegensatz zu Sesshoumaru hatte ich mit ansehen müssen, wie das brennende Schloss über ihm eingestürzt war und ihn begraben hatte. Selbst für einen Daiyoukai eine schwierige Situation, zumal er damals gegen Takemaru gekämpft hatte und noch von der Konfrontation mit Ryukotsusei geschwächt und verletzt gewesen war. Nun, sein Tod hatte mich nicht davon abgehalten, ihm nachzueifern und mich als würdig zu erweisen, seine Tochter zu sein. Also harrte ich nun dem, was kommen würde, den Drang unterdrückend, auf Naraku zuzuspringen und ihn in Fetzen zu reißen. das würde vermutlich meinen eigenen Tod zur Folge haben.
"Du darfst dich aufrichten" erklang die vertraute Stimme meines Herrn und Vaters. Ich richtete meinen Oberkörper auf, hatte den Kopf aber noch immer gesenkt, die Hände lagen locker auf meinen Oberschenkeln. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie der Taishou dem mir Unbekannten einen warnenden Blick zuwarf. "Hältst du mich für so schwach, einem Hinterhalt nicht entkommen zu können?"
Das war ein offensichtlicher Tadel und mit meinem verehrten Vater war nicht zu spaßen, auch, wenn er ein sehr gerechter Fürst war. Außerdem war er alles andere als wehrlos, vor allem mit So'unga in der Klaue. Dennoch drang abermals der unverkennbare Geruch von Drachen in meine feine Nase. Sie würden gleich hier eintreffen. Ich neigte den Kopf etwas tiefer.
"Sprich" forderte der Fürst mich auf.
"Oyakata-sama, ist es mir erlaubt mich ihrer anzunehmen?" erkundigte ich mich.

"Das habe ich nicht gemeint", antwortete ich nur und hatte meine Waffe mittlerweile fertig geladen, "Ich bin mir sicher, dass sie sich befreien könnten, jedoch darf ich als Anführer der Leibwache nicht gefährden, dass ihr doch in einem Konflikt verletzt werdet und man weiß nie genau, wie viele Feinde in einem Hinterhalt warten. Es können 5 sein, es kann einer sein und es können auch 100 Feinde sein, die darauf aus sind, sie zu töten. Aber da ich ihnen immer noch Untergeordnet bin, kann ich nicht entscheiden, ob ihnen Nachsicht lieber ist als Vorsicht."
Ich ging an dem Taishou und dann an seiner Tochter vorbei und blickte in die Richtung, aus der die Drachen kamen, und hielt meine Waffe mit dem Lauf in die Richtung. Ein Schuss fiel, und man konnte erst fallende Bäume hören, danach Schreie. Auf die Schreie folgte das Rascheln in mehreren Buschen. Ich wendete mich dem Taishou und seinem Berater zu.
"Wir sind ihnen in die Falle getappt, würde ich vermuten", erwähnte ich dann und kniete dann nieder, "Ich weiß, dass ich meine Bitten zurückhalten soll, jedoch würde ich es für äußerst ratsam halten, wenn wir kehrt machen würden. Auch wenn es unangenehm zuhören ist, wir sind ihnen direkt in die Fänge gelaufen und wenn wir mit 50 Gegnern rechnen, ist das noch eine verschönlichte und Niedergehaltene Zahl. Außerdem vermute ich mittlerweile, was der Grund für mein Unwohl während des Ausgangs sein könnte. Bogenschützen, Attentäter oder Magier, die sich in den Baumkronen versteckt halten."
Dann lud ich erneut eine Patrone ein und stämmte meine Kanone auf den Boden.
"Doch die Entscheidung liegt bei ihnen", meinte ich und ging in die Hocke, "Wir können kämpfen, aber auch wenn ich mir dessen Bewusst bin, dass sie es mit jedem Kämpfer aufnehmen können, den ich kenne, aber bei einer Großzahl von Gegnern kann selbst der stärkste Kämpfer übermant werden und grade sie als gelernter Kämpfer sollten wissen, wann es besser ist, sich zurückzuziehen."

Der Anführer von chichi-ues Leibwache also. Er redete für meinen Geschmack viel zu viel. Youkai gebrauchten keine unnützen Worte. Außerdem unterschätzte er sowohl mich als auch meinen Herrn und Vater. Selbst 100 Feinde waren für uns beide, vor allem mit So'unga, kein Problem. Doch was zu tun war, das entschied natürlich der Fürst. Ich bewegte mich nicht, auch als Shigure an uns vorbeiging und etwas aus seiner Waffe abfeuerte. Er war wirklich sehr, sehr unhöflich, schließlich hatte Vater ihm keine Erlaubnis gegeben anzugreifen.
"Wir werden kämpfen." erklärte der Taishou und das war ganz nach meinem Geschmack. "Ich werde mir ganz sicher keine Feigheit nachsagen lassen. Selbst wenn ich sterben sollte, Sesshoumaru wird dann der Fürst" Auf seine Geste hin erhob ich mich, beobachtete, wie er Tessaiga zog. Ich legte meinerseits meine Hand an So'unga. Chichi-ue würde nicht sterben, denn sonst würde er weder Izayoi-sama kennenlernen, noch Inuyasha geboren werden.
"Shigure, du wirst dich um die Gegner in den Bäumen kümmern" befahl mein Herr und Vater knapp, sah dann zu mir. "Wir beide und Naraku werden es mit dem Rest aufnehmen. Oder hast du etwas dagegen?"
"Nein, Oyakata-sama. Ihr braucht keine Rücksicht auf mich zu nehmen, nur, weil ich ein Weibchen bin. Ich kann ebenso gut kämpfen wie jeder männliche Hundeyoukai. Außerdem sterbe ich lieber ehrenvoll in der Schlacht als unehrenhaft auf einer Flucht" erklärte ich. Mein Stolz war nicht schmäler als der eines männlichen Hundeyoukai. Dann jedoch blieb keine Zeit mehr zum Reden, denn die Drachen griffen an. Ich zeigte mein volles Youki, das zeigte, dass ich nicht gerade schwach war, zog So'unga. Ich hatte noch nicht vor, mir die Fähigkeiten des Schwertes zunutze zumachen, sondern lud die Klinge mit einem vergleichsweise geringen Teil meines Yuoki auf. Mit einer heftigen Armbewegung schleuderte ich die Energie auf die angreifenden Feinde, die sich wegen der Wucht des Angriffs auflösten.

//Youkai hin oder her, wer sich übernimmt, endet schneller unter der Klinge, als man denken kann//, dachte ich mir und senkte den Kopf, die Waffe voll ladend, //Aber ich werde niemanden erklären, warum er gestorben ist. Egal wie Stolz ein Krieger sein mag, Sobald Stolz zu Törrichtigkeit wird, dann ist es kein ehrenvoller Tod auf dem Schlachtfeld. Dann kommt es eher dem Selbstmord nahe und das ist wohl kaum die Ehre, die ein Krieger erreichen will.//
Doch dann schob ich meine Zweifel beiseite, schließlich würde ich an seiner Meinung nichts ändern können, solange er nicht einsehen würde, dass es eine der wahrscheinlich schlechtesten Ideen war, zu kämpfen, anstatt sich zurück zuziehen.
//Sesshoumaru wäre sicherlich stolz auf einen Vater, der es weiß, sein Gehirn abzuschalten und lieber in den Tod rennt, als nachzudenken und was sein Tod für Folgen hat, das bedenkt er auch überhaupt nicht//, dachte ich mir noch. während ich dann anfing, die Bäume mit meinen Flammenpatronen nieder zu roden, //Aber Einzelkämpfer hatten noch nie auch nur eine Ahnung, was Taktik bedeutet. Hätten wir nicht ein paar vernünftige Taktiker, dann hätten wir den Krieg schon lange verloren. Aber warum sollte den auch ein Youkai nachdenken, schließlich kann man Drachen, die anscheinend durchdachter Krieg führen, ja auch mit roher Gewalt töten.... Einen Moment...//
Während des Kampfes pausierte ich mit den Angriffen auf die Bäume. Mehrere der Baumkronen habe ich bereits nieder geschmettert und die Schützen in diesen zu Fall gebracht, doch dann begann für mich der Punkt, wo ich wieder einmal nachdenken musste. Warum griffen die Schützen nicht an. Es war doch kompletter Wahnsinn, Schützen zu platzieren, welche nicht auf den Feind schießen. Was zur Hölle hatten die den bitte vor, es war doch reinste Verschwendung, wenn man die eigenen Truppen einfach nur da stehen hatte, außer wenn... wenn sie einen Köder darstellen sollten! Ich drehte mich zu der Prinzessin und ihrem Vater um. Auch dort fielen die Drachen reihenweise, aber irgendwas bahnte sich an. Auf den ersten Blick wirkte es zwar, als würden es weniger werden, aber wenn man genauer auf die Menge guckte... Nein, irgendetwas stimmte da absolut nicht. Warum fielen diese Drachen so schnell? Als ich auf dem Schlachtfeld gekämpft hatte, waren die Kämpfe selbst für die stärksten aus der Truppe zermürbend, also warum streckten der Taishou und seine Tochter diese so schnell nieder und wieso stand Naraku abseits von den Beiden. Ich senkte die Waffe für einen Moment der Ruhe, in dem ich mir das alles noch einmal im Kopf zusammen greifen konnte. Ein Köder... Ein Köder in einer Falle... Truppen, die fallen würden, als seien sie einfache Holzklötze... Nein, daran war etwas faul, aber was? Was war daran faul? Arghhhh, selbst ein schwacher Schuss meiner Kanone ist für diese Gegner schon tödlich... Irgendwas ist hier doch nicht ganz richtig... Das soll doch nicht etwa eine Falle in einer bereits zugetappten Falle sein?! Abwarten und ruhig bleiben, analysier das alles erst einmal und sorg solange weiter dafür, dass die Drachen von den Bäumen fallen. Dann fing ich bereits wieder an, die Drachen von den Bäumen zu schießen.